Sozialarbeit

Dienstag, 13. Oktober 2009

Netzerke in der Sozialen Arbeit

Eine gut funktionierende Beziehung zwischen HelferInnen und KlientInnen ist Voraussetzung sinnvoller Familienarbeit. Die Familie muss sich in ihrer Ganzheit verstanden fühlen, um von professioneller Seite geplanten Veränderungsprozessen im Sinne einer Koproduktion zustimmen zu können. Als Vorraussetzung dazu dienen HelferInnen die in hohem Maße dem Aufbau einer konstruktiven und kooperativen Arbeitsbeziehung zur Familie gewidmeten ersten Kontakte.
Eine konstruktive Beziehung zwischen HelferIn und KlientIn bringt zunächst eine (durchaus auch für den späteren Beratungserfolg notwendige) tragfähige Basis hervor, die aktionslastiges Helfen erst möglich macht. Die dabei erfahrene Gewinnsteigerung seitens der KlientIn kann dabei auch für die HelferIn als sehr bereichernd erlebt werden.
Diese gewinngesteigerte Beziehung läuft aber auch Gefahr, die umliegende Lebenswelt (soziale Netze) gerade dadurch auszublenden, indem sich eine professionelle Helferin – KlientIn - Beziehung an sich als ausreichend definiert. Beziehungen zu anderen Menschen werden dann von KlientInnen mitunter als „nicht mehr notwendig“ definiert, bzw. der Beziehungsaufbau zu anderen (potentiellen) Ressourcen in Form von hilfsbereiten Mitmenschen wird vernachlässigt. Auf der Seite von HelferInnen kann es zu Konkurrenzsituationen zwischen mehreren HelferInnen kommen. HelferInnen, die eine Beziehung zur KlientIn als „exklusiv“ betrachten, beanspruchen dabei die Deutungshoheit der jeweiligen Problemlage.
Aus Gesprächen mit MitarbeiterInnen der Familienhilfe in Wien war zu erfahren, dass Familien nach dem Beendigen einer Zusammenarbeit mitunter in „ein schwarzes Loch“ fallen. Diese Erfahrung bestätigen auch Interviews mit AdressatInnen der sozialpädagogischen Familienhilfe in Deutschland, die von Klaus Wolf, Universität Siegen, durchgeführt wurden. Dabei beobachteten HelferInnen, dass nach einer Betreuungsbeendigung alte Verhaltensweisen der Familie von Neuem aufgenommen werden, bearbeitete Problematiken wieder auftauchten, so genannte „Rückfälle“ in Krisen zu verzeichnen waren.
In der theoretisch - methodischen Fachliteratur zur Familienhilfe wird ebenfalls angemerkt, dass das Fehlen, bzw. der Wegfall von sozialen Kontakten zu Isolation und in weiterer Folge zu Überforderung z.B. in der Kindererziehung führen kann .
Da ein neuerliches Auftreten von familiären Problematiken im Prinzip immer erwartbar ist, weil lebensverändernde Dynamiken von HelferInnen nicht immer vollständig vorhersagbar sind und daher nicht ausreichend präventiv gearbeitet werden kann, kann der von Beginn einer Hilfeplanung an gezielte Aufbau eines Netzwerkes von nützlichen sozialen Kontakten für AdressatInnen von Familienhilfe notwendig sein. Diese, gemeinsam mit SozialarbeiterInnen neu gewonnenen, oder wieder aktivierten Kontakte könnten es

1. Familien ermöglichen, bei erneutem Auftreten von Problemen sofort und unbürokratisch Unterstützung in der eigenen (in)direkten Umgebung zu finden.

2. AdressatInnen der Familienhilfe würde eine autonome Gestaltung der eigenen Lebenswelt besser ermöglicht, indem durch linking social capital neue Sozialkontakte zu Arbeitgeberinnen geschaffen werden können, die eine Festigung ihrer Position in der Gesellschaft zur Folge haben können.

3. Durch das Aktivieren und Erhöhen brachliegender Kapitalformen könnten neue Konvertierungsmöglichkeiten von Kapital ermöglicht werden. So könnte etwa kulturelles Kapital generiert werden. Dies hätte in weitere Folge Auswirkungen auf die Bildungskarrieren von AdressatInnen der Mobilen Arbeit mit Familien, wenn andere Schulformen als die Kooperative Mittelschule in den Blick geraten, oder auch die Volkshochschule als (hier als Synonym für Erwachsenenbildung) gewinnbringender Bildungsanbieter gesehen wird.

4. Das „dritte Mandat“ Staub - Bernasconis bekäme Gewicht, indem durch Arbeit am Sozialkapital nutzbringende Beziehungen von AdressatInnen generiert und gefördert werden, statt „Beziehungsarbeit“ (und damit Erfolg und Misserfolg Sozialer Arbeit) auf die Person der HelferIn zu reduzieren.

Montag, 28. September 2009

Videoaufnahmen von KlientInnen

Es besteht m. E. kein Zweifel darin, dass die Erfassung und Bewusstmachung von konflikthaften Interaktionen (z. B. zwischen Eltern und Kindern) in jedem Fall der Schaffung eines Problembewusstseins bei KlientInnen dient. Es stellt sich aber die Frage, ob ProfessionistInnen Sozialer Arbeit dazu die Unterstützung einer Videokamera benötigen. Vor allem, wenn die Folge eines diagnostischen Einsatzes einer Videokamera aus einer Verstärkung des „defizitorientierten“ Blickes besteht, wie aus den Forschungsergebnissen Max Kreuzers zu entnehmen ist. Es ist aufgrund der Erhebungen Kreuzers auch zu hinterfragen, welchen Sinn es dann für KlientInnen macht „ in überzeugender Weise, die eigenen Fehler zu sehen“ und welcher Nutzen für HelferInnen daraus entsteht, dass diese Überzeugung eine „erste und entscheidende Rolle“ im Behandlungsprozess darstellt.
Im Beratungsprozess muss die Familie zudem vorerst aus der Spirale der „negativen Wahrnehmungen“ befreit werden, damit sie überhaupt in die Lage gebracht wird, das positive Potential im familiären Miteinander zu erkennen. Denn letztendlich es ist ein Ziel Sozialer Arbeit, konstruktives Verhalten, wie z. B. gewaltfreie Konfliktaustragung, bei KlientInnen zu verstärken. und dies kann m. E. nur dann gelingen, wenn der Blick der Familie im Hilfeprozess so schnell und intensiv wie möglich auf ihr positives Potential gerichtet wird.
Dies bestätigen weitere breit angelegte Forschungen von C. J. Dunst et al. AdressatInnen von Familienhilfe beurteilten demnach die Wirksamkeit von Interventionen deutlich höher, wenn diese empowernd waren und damit die Selbstbemächtigung steigerten. Im Gegensatz zu Interventionen von Fachkräften der Familienhilfe, die ihre AdressatInnen durch direkte Handlungsanleitungen „von oben herab“ behandelten, oder diese als „PseudoxpertInnen“ instrumentalisierten „und an Ihnen Trainingsprogramme implementierten“.

Freitag, 25. September 2009

Lebensweltorientierung

Für Marie – Luise Conen hat ein Vermeidungsverhalten von Familien, eine psychologische Beratungsstelle aufzusuchen, Gründe, die sich aus der Vita der KlientInnen erklären lassen. Ihrer Meinung nach schützen sich diese auf diese Weise vor wiederholtem Versagen bei der Lösung von Problemen. Diese „Gründe“ liegen vor, wenn KlientInnen etwa bei einem Erstgespräch erklären, mehrere gescheiterte Therapieversuche hinter sich zu haben und darauf hin die Angst entwickelten, als „untherapierbar“ zu gelten. Ein nächstes „Versagen“, also die Unfähigkeit Hilfe anzunehmen und umzusetzen, wäre für sie ein weiterer Schritt ins „Abseits“ einer Gesellschaft und würde den Häufigkeits – Validitäts - Effekt verstärken.

Durch das Aufsuchen der KlientInnen in ihrer Lebenswelt (in der physischen als auch in der innerpsychischen) kann mit dieser Resignation und Ablehnung gearbeitet werden, wobei die Lebenswelt als Ressource zu betrachten ist. Der Kern der belastenden Situationen, die für Familien auftauchen, soll also erkundet werden, in dem SozialarbeiterInnen innerhalb ihrer Beratungsgespräche gemeinsam mit den KlientInnen danach suchen. Lebensweltlich gesprochen sollen sie sich in die Welt ihrer KlientInnen hineinbegeben. Sie mögen versuchen, diese Lebenswelten und die daraus resultierenden Bedingungen zu verstehen. Gleichzeitig sollen sie danach trachten, gemeinsam mit ihren KlientInnen neue Möglichkeitsräume zu finden, also alternative Perspektiven zu den Erfahrungen der Wirklichkeit ihrer KlientInnen. Dazu verhelfen in der praktischen Arbeit Fragen nach dem Ablauf des Alltages und nach Lebensgeschichten ihrer KlientInnen.

Montag, 14. September 2009

Humor in der Sozialarbeit

Arbeit in einem ausschließlich ernsten Kontext hat zahlreiche negative Auswirkungen, unter anderem findet sich darin ein guter Nährboden für Zynismus. Wir schätzen, lieben und verehren unsere ZynikerInnen, die Situationen so trefflich analysieren können. Nichts ist mehr dann wie vorher, weil sowieso alles schlecht ist. Zynismus bietet uns einen perfekten Schutzpanzer für angeknackstes Selbstbewusstsein. Wenn die Welt durch und durch schlecht ist, was können HelferInnen denn da noch großartig tun. Denn Zynismus führt lediglich dazu, ein Weltbild zu entwickeln in dem zu leben eigentlich nicht mehr leben bedeutet, sondern die Dinge von oben zu betrachten, gewissermaßen als bereits Verstorbener, der soundso "schon immer alles gewusst" hat.

Gemeinsames Lachen kann uns als Einschätzungshilfe der Probleme unserer KlientInnen am Anfang unserer Arbeit dienen, während der Arbeit und mittels der Deutung von Lachen können wir auch feststellen, wie wirksam unsere Interventionen waren.
Ein einfaches, ehrliches Lachen, das kann in einem Beratungsgespräch oft aussagekräftiger sein, als die beste Formulierung im ernsthaften Stil, wenn es darum gehen soll, die Thematik von KlientInnen auf den Punkt zu bringen. Gerade bei KlientInnen mit depressiven Symptomatiken verhalten sich HelferInnen fälschlicherweise häufig zu zurückhaltend. Sie möchten ihre KlientInnen natürlich niemals durch vermutete unsensible Statements (Fettnäpfchen) verunsichern oder gar verletzen. Wollen SozialarbeiterInnen also den Humor in ihre Arbeit einbeziehen, so müssen sie natürlich abwiegen, welche Auswirkungen ihr Humor auf ihre KlientInnen haben wird. Durch Humor kann ein Mensch zu seinen überwältigenden Gefühlen oder irrationalen Ideen einen angemessenen Abstand gewinnen. Der Abstand, der Raum gewährt und uns befähigt, zuzuhören und kritisch zu sein gegenüber Gefühlen und Ideen, um konstruktiver reagieren zu können. Humor hilft uns, - und das ist gerade in der Sozialarbeit von großer Bedeutung -, unsere Gedanken und Gefühle zu überwachen. Er befähigt uns, Gleichgewicht, Augenmaß und eine optimale psychologische Distanz in der Vielfalt unseres Lebens zu behalten.

Schon Sigmund Freud erkannte den Humor nicht bloß als angenehme Eigenschaft im Umgang mit seinen PatientInnen, er wies in seinen Werken immer wieder auf die Möglichkeit hin, Humor bewusst in die Arbeit mit einzubeziehen um damit Behandlungserfolge zu lancieren.

Humor in seiner Funktion als bewährte Stressbewältigung hat definitiv Einzug in das Leben von HelferInnen gehalten, doch leider noch immer extrem unterschätzt und manchmal fälschlicherweise als oberflächliche Charaktereigenschaft deklariert, kann er in diesem Kontext dann kaum mehr leisten, als in der Freizeit als Blitzableiter in fröhlichen Runden mit Familie und Freunden gebraucht zu werden. Trotz seiner bewiesenen positiven Auswirkung auf die Sozialarbeit wird er - wenn überhaupt - oft nur als angenehme Randerscheinung in der Arbeit mit KlientInnen akzeptiert. Er wird unbewusst wahrgenommen, aber nur selten bewusst eingesetzt

SozialarbeiterInnen sind deswegen aber nicht von Natur aus humorlos, vielmehr hat es den Anschein, dass Humor in der ernsten Sozialen Arbeit nur einen kleinen Platz zu haben scheint. Warum nehmen HelferInnen dann nicht auch den Humor endlich ernst?

Willkommen!

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